Wir schauen am besten weg.

Basel ist eine attraktive Stadt der Forschung und der Kreativität. So jedenfalls stellt sich Basel in seinem Stadtmarketing vor. In der Tat sind in Basel heute die Forschung, Entwicklung und Verwaltung grosser Pharma- und Agrochemiekonzerne wie Novartis, F. Hoffmann-La Roche und Syngenta konzentriert. Diese Chemiekonzerne sind bis heute die grössten privaten Arbeitgeber und wichtige Steuerzahler der Stadt (Simon 2000). Aus der Sicht der rot-grünen Regierung sind sie entscheidende Partner, denen in der Stadtentwicklung ein grosser Spielraum eingeräumt wird. [Um die gute Partnerschaft aufrecht zu erhalten, schaut Basel meisterhaft über Schattenseiten der Machenschaften dieser Konzerne hinweg.]

Mit der Konzentration, wie der Übernahme von Syngenta durch ChemChina, bilden sich transnationale Innovations-, Produktions- und Vertriebsnetzwerke, und die Standortkonkurrenz verschärft sich (Fischer u.a. 2010). Rohstoffe werden vorwiegend im Globalen Süden abgebaut, arbeitsintensive Prozesse werden in Billiglohnländer verlagert. Die Kontrolle der Technologien durch Forschung und Entwicklung sowie die Aneignung der Profite erfolgen dagegen weiterhin in den kapitalistischen Zentren (Herzog u.a. 2013).

Quelle: Widerspruch 68 – Die Leuchttürme von Big Pharma

Das Verhältnis Basels zu den multinationalen Konzernen ist seit einiger Zeit ambivalent. Einerseits gibt es in Basel in der Tradition des Kampfes gegen das Atomkraftwerk Kaiseraugst in den 1970er Jahren eine mehrheitlich kritische Bevölkerung; zudem versteht sich Basel überwiegend als “grüne” Stadt, in der autofreie Haushalte eine Mehrheit bilden. Andererseits sind die multinationalen Konzerne gute Steuerzahler und bieten vornehmlich Arbeitsplätze für hochqualifiziertes, gut bezahltes Personal. Für Basels Bevölkerung ergibt sich insgesamt eine realtiv bessere wirschaftliche Situation.

Basel wird von einer sozialdemokratisch-grünen Exekutive regiert, welche die Modernisierung der Stadt und ihre Vermarktung als Kulturstadt im Interesse der Vermögenden, der Multis, der Banken und des Immobilienbereichs meist ohne grössere Konflikte vorantreibt. Rotgrüne Regierungen sind dazu besonders gut geeignet, da sie jede Opposition gegen die kapitalistische Restrukturierung und Erneuerung relativ problemlos marginalisieren können. So appelliert etwa der ehemalige Basler Regierungspräsident Guy Morin an “Toleranz” gegenüber der Chemie. Er erklärte an einem Podiumsgespräch mit Syngenta am 8. Mai 2015, die Basler müssten mit den Schattenseiten der Chemiekonzerne leben können, selbst wenn es um so etwas wie den Dioxinunfall des Roche-Konzerns in Seveso 1976 ginge. Kritische Stimmen oder NGOs wie Multiwatch werden als fortschrittsfeindliche Nestbeschmutzer betrachtet.

Quelle: Schwarzbuch Syngenta – 224 ff.

Meinung

Guy Morins Aussage ist bezeichnend und steht sinnbildlich für eine städtische Politik, die bei den ausbeuterischen Machenschaften der in Basel angesiedelten Multis aktiv wegschaut. Stattdessen propagieren Legislaturziele wie “Wirtschaftsstandort stärken” eine stete Abhängigkeit, den guten Steuerzahlenden ja nicht zu genau auf die Finger zu schauen. Ganz nach dem Motto: Ignorance Unlimited. Ja, das kann Basel. Und zwar wie ein Weltmeister.

Unsere Aktion macht Schluss mit Wegschauen. Auch wenn ein unvollständiger Einblick in die Untaten der in Basel angesiedelten Konzerne Novartis, Syngenta und Roche: Wir wollen hinschauen, informieren und wachrütteln.

Wie wir uns im Raum Basel bewegen, beruht auf Ausbeutung, Zerstörung und Rücksichtslosigkeit gegenüber der Umwelt und Menschen in anderen Teilen der Welt. Hohe Steuereinnahmen werden mit Handkuss entgegengenommen, städtebauliche Massnahmen im Schnelldurchlauf bewilligt. Die langjährige Liebe zeigt sich auch anhand verschiedener Partnerschaften: So durfte Syngenta die Stadt Basel an der Expo 2015 vertreten oder auch die App “Basler StadtNatour” ideell und finanziell unterstützen. Anstatt einer kritischen Haltung der Regierung werden diese Konzerne also beim Greenwashing ihres Images unterstützt.

Wie wir uns in Basel verhalten, ist entscheidend für die Umwelt und Menschen in anderen Teilen der Welt. Unsere Aktion versucht klarzustellen, dass hohe Steuereinnahmen keine Verbrechen entschuldigen. Basel muss über die Untaten dieser Konzerne Bescheid wissen und eine kritische Position einnehmen. Die Regierung von Basel hat versagt. Deshalb braucht es eine Bewegung, welche gegen eine Machtkonzentration bei multinationalen Konzernen und gegen ein unsolidarisches und ausbeuterisches Weltwirtschaftssystem einsteht!

Wir wollen uns fragen: Sind wir Teil des Problems oder setzen wir uns ein für ein menschenwürdiges und ökologisch nachhaltiges System?